- Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.
Film und Diskussion …denn wir sind die Hauptzeug_innen, und nicht die Statist_innen…
18. Oktober 2014 @ 19:00
Dokumentationsfilm „Nach dem Brand“ (2012) von Malou Berlin (ca. 50 Min) und Gespräch mit Ibrahim Arslan von „Gedenken Mölln“
Im Herbst dieses Jahres soll der Anschlag des NSU auf die Kölner Keupstraße im „NSU“-Prozess in München verhandelt werden. Während dort juristisch festgestellt werden soll, welche Personen an dem Anschlag im Jahre 2004 beteiligt waren, werden andere Aspekte des Anschlags nicht behandelt. Es müsste zum Beispiel darüber geredet werden, warum die Attacke ohne Beweise durch Otto Schily als ein „Resultat einer türkisch-kurdischen Auseinandersetzung “ benannt wurde. Die Polizei begann ihrerseits nach dem Anschlag damit, Anwohner_innen und Ladenbesitzer_innen der Keupstraße zu verhören und Hausdurchsuchungen durchzuführen. Durch die polizeilichen Ermittlungen gegen die Betroffenen wurden die „Opfer zu Täter_innen“ gemacht. Dieses Vorgehen der Polizei ist kein Einzelfall. Rassistische Praktiken und Ermittlungen der Polizei, wie sie z.B. im „racial profiling“ behördlich legitimiert werden, sind für nicht-weiße Menschen ein fast alltägliches Problem. Ebenso in Mölln (bei Hamburg), wo es 1992 einen rassistischen Brandanschlag gab, wurde zunächst ein Mitglied der Familie verdächtigt den Anschlag begangen zu haben. Und dass, obwohl noch während der Löscharbeiten an dem Haus ein „Bekenner_innen-Anruf“ von Neo-Nazis einging…
Der Brandanschlag von Mölln jährt sich am 23.11.2014 zum 22ten Mal. Bei der rassistisch motivierten Attacke durch zwei Männer auf das mehrheitlich von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund bewohnte Haus der Familie Arslan wurden die 10-jährige Yeliz Arslan, die 14-jährige Ayşe Yilmaz und die 51-jährige Bahide Arslan ermordet. Weitere Familienmitglieder wurden schwer verletzt. Zuvor hatten die Neonazis bereits einen Brandanschlag auf die Ratzeburger Straße 13 verübt, wo ebenfalls Menschen türkischer Herkunft wohnten. Neun Menschen erlitten schwere Verletzungen.
Die Familie Arslan tritt heute wie damals sehr offensiv gegen das Vergessen des Anschlags ein. So saß Ibrahim Arslan im Zuge des Birlikte-Festes im Juni in der Keupstraße neben Betroffenen des Nagelbombenanschlages auf dem Podium. Es ging darum, an den Anschlag von 2004 zu erinnern und sich als von Rassismus Betroffene den Raum zu nehmen, um über Erfahrungen mit Rassismus zu sprechen. Bei dieser Diskussion bezeichnete er sich und andere Betroffene als „Hauptzeugen, und nicht nur Statisten“ von Rassismus und rassistischen Angriffen. Wir als antirassistische Gruppen in Köln halten diese Aussage für besonders wichtig, denn rassistische Angriffe sind eben kein Einzelfall, und Betroffene können am besten selber über den Rassismus berichten, der solche Taten ermöglicht. Auch der Brandanschlag in Mölln war kein singuläres Ereignis, allein 1992 wurden 17 Menschen durch Rassist_innen in Deutschland umgebracht und es kam zu insgesamt 2.000 rassistischen Anschlägen und Übergriffen. Diese Anschläge waren Teil einer rassistischen Grundstimmung in Deutschland in den 1990er Jahren. Am 26. Mai 1993 wurde, die rassistische Gewalt als Vorwand nutzend, im Bundestag die Änderung des Artikels 16 des Grundgesetzes beschlossen: Die sogenannte Drittstaatenregelung legte von nun an fest, dass das Grundrecht auf Asyl nicht mehr für Menschen gilt, die über ein anderes Land der Europäischen Union bzw. ein angeblich „sicheres Drittland“ einreisen. Das Grundrecht auf Asyl wurde somit faktisch abgeschafft.
Um an den Anschlag von Mölln zu erinnern und um als Hauptzeuge über das Thema Rassismus zu sprechen, wird Ibrahim Arslan am 18.10.2014 nach Köln kommen. Zunächst einmal soll die Dokumentation „Nach dem Brand“ von Malou Berlin (Regisseurin), Susanne Dzeik (Kamera), Carsten Does und Sebastian Winkels (Schnitt) gezeigt werden. In der Dokumentation von 2012 (ca. 50 Minuten) wird die Familie Arslan in ihrem Alltag begleitet, wobei deutlich wird, dass es nach dem Anschlag keinen normalen Alltag mehr für die Familie geben kann.
Herr Arslan wird erzählen, was dieser Anschlag für seine Familie bedeutet hat, wie die polizeilichen Ermittlungen danach verlaufen sind und wie mit ihm und seiner Familie als Betroffene rassistischer Gewalt umgegangen wurde. Es wird auch möglich sein, Ibrahim Arslan Fragen zu stellen.
Wir als Infoladen Köln, Antifa AK Köln und Antifa Jugend Köln wollen euch hiermit herzlich zu der Veranstaltung einladen.
18.10.2014 um 19:00 Uhr – AStA-Café der Uni Köln.
Infoladen Köln – Antifa AK Köln – AJK Köln
Hinweis: Die Veranstaltung wird leider nur in deutscher Sprache stattfinden können.