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Bremen: Deutschland kaputt studieren – O-Woche 2012
9. Oktober 2012 - 12. Oktober 2012
An der Uni Bremen beginnt das neue Semester und wir kommen trotzdem. Mit folgenden eigenen Veranstaltungen beteiligen wir uns an der Orientierungswoche und würden uns freuen euch dort begrüßen zu dürfen.
Alle Veranstaltungen finden im GW3, am Mensa-See, statt.
9. Oktober, 13 Uhr
Gegen Integration und Ausgrenzung
„Die Integration ist gescheitert“ heißt es der Tage immer häufiger in Politik und Medien. Parallelgesellschaften hätten sich gebildet, die Politik hätte es verfehlt die ausländischen Mitbürger in die deutsche Kultur einzugliedern und Sozialchauvinist_innen attestieren die Integrationsunwilligkeit von Migrant_innen. Aber ist das Projekt Integration wirklich gescheitert oder wird es momentan einfach genauso wenig benötigt wie diejenigen, die es zu integrieren gilt?
“Was tragen Sie zum Erfolg des Standorts bei?” Die Frage muss sich heute jede_r gefallen lassen. Mit der anhaltenden Krise wird deutlich: Auch in den kapitalistischen Zentren ist der Wohlstand nicht sicher, sondern muss gegen andere Nationalökonomien verteidigt werden. Kapitalismus ist ein endloser Wettlauf um maximale Verwertung. Den Menschen bleibt nichts, als ihre Lebenszeit auf immer engeren Arbeitsmärkten zu verkaufen. Sie müssen froh sein, überhaupt eine Lohnarbeit zu ergattern, und jedes noch so miese Angebot annehmen. Auch die bürgerlichen Staaten bringen ihr „Humankapital“, also die ihnen unterstellten Menschen, gnadenlos auf Trab. Sie biegen jede_n zurecht, um in ihrem Herrschaftsbereich optimale Verwertungsbedingungen zu schaffen. Das ist der offen ausgesprochene Konsens aller politischen Lager, gestritten wird nur über die bestmögliche Umsetzung. Mit staatlicher Gängelung und sozialer Diskriminierung werden alle gezwungen, den ständig wechselnden Trends auf dem Arbeitsmarkt hinterherzulaufen. Die Stammtischparole der Volkswirtschaft lautet: „Wer sich genug anstrengt, bekommt auch einen Job.“ Aber in Wahrheit werden die Letzten immer von den Hunden gebissen, egal wie sehr sie sich anstrengen.
Die meisten Bürger_innen stimmen dieser Politik auch noch zu, und beteiligen sich an ihrer eigenen Zurichtung. Sozialchauvinismus macht sich breit, von der BILD-Zeitung bis ins Philosophieseminar. Schuld an der Misere ist nicht das kapitalistische System, schuld sind „die Anderen“, die „Sozialschmarotzer“ und „Integrationsverweigerer“ – so lautet die Botschaft. Dem Staat aber genügt diese vorauseilende Hetze nicht. Er stellt seiner Bevölkerung eine schonungslose Mängelliste aus: zu alt, zu unflexibel, nicht bereit zum „lebenslangen Lernen“, und bitte weniger Kinder aus den „bildungsfernen Schichten“.
In einem Workshop wollen wir uns deshalb nicht nur intensiv mit den Erscheinungsformen der Integrationspolitik, mit Ausgrenzung und Sozialchauvinismus auseinandersetzen, sondern auch den gesellschaftlichen Ursachen dieser nachspüren und gemeinsam überlegen was Möglichkeiten emanzipatorischer Gegenstrategien sein könnten.
10. Oktober, 16 Uhr
Ohne revolutionäre Organisierung gehts nicht: Die Basisgruppe Antifaschismus und das bundesweite Bündnis …ums Ganze! stellen sich vor.
Das »…umsGanze!« Bündnis wurde Ende 2006 gegründet, um linksradikale Gesellschaftskritik überregional zu organisieren und handlungsfähig zu machen. Es geht um eine Kritik, für die es weder Institutionen noch Parlamente, noch feste Verfahren gibt: Um die Kritik gesellschaftlicher Herrschaft in ihrer Gänze. Denn Herrschaft resultiert nicht aus der falschen Politik, aus Behördenwillkür oder dem angeblichen Egoismus der Menschen. Sie ist in der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung angelegt – in der Art und Weise, wie Individuen, Unternehmen und Nationalökonomien sich im Kapitalismus tagtäglich reproduzieren müssen.
Die Herausforderung besteht darin, diese verrückte Logik des kapitalistischen Alltags theoretisch und praktisch aufzubrechen. Deshalb kritisiert »…ums Ganze!« nicht nur die jeweils herrschende Politik, sondern auch die falschen Alternativen der Linken. Wir wollen keinen sozialeren, multikulturelleren oder straffer regulierten, ›nachhaltigen‹ Kapitalismus, sondern gar keinen!
11. Oktober, 12 Uhr
Das Geschlecht der Krise
Im Bezug auf die Krise wird wenig über die Auswirkungen auf kollektive Betroffenheitslagen von Frauen und Männern gesprochen. Denn gerade der Umbau des Sozialstaates hat unterschiedliche Auswirkungen und arrangiert die historisch durchgesetzte Doppelbelastung von Frauen durch eine neuen Form der Intensität. Gerade die Veränderung des Familienernährermodells mit einem Mann als „Familienoberhaupt“ gehört in den kapitalistischen Zentren weitgehend der Vergangenheit an. Die Krise kann aber auch nur dann in seinen Folgen verstanden werden, wenn über die Konfiguration des Geschlechterverhältnisses und der Organisation der gesellschaftlichen Reproduktion gesprochen wird. In der Veranstaltung wird es um diese beiden Schwerpunkte gehen um zu diskutieren ob sich in der Fokussierung linker politische Strategien nicht eine Schwerpunktverschiebung ergeben müsste.