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Austerität als Lebensform – Zum EU-Kongress „Förderung der Jugendbeschäftigung“ im Juli in Turin
25. Juni 2014 @ 19:30 - 22:27
Die Krise ist vorbei. Das teilen Medien, Politik und Finanzmärkte uns mit. In dieser Mitteilung ist eine weitere Botschaft enthalten: Dass es keine Rückkehr zur Vorkrisensituation geben wird, sondern Hier und Jetzt die neue Normalität ist. Der Kapitalismus hat sich auf Kosten der Lohnabhängigen einigermaßen stabilisiert, jetzt wird das Austeritätsregime auf Dauer gestellt.
Während Sparpolitik vor der Krise noch mit der Beteuerung verknüpft wurde, dass sich mit der Abschaffung staatlicher Umverteilung endlich Leistung wieder lohnt, bleibt heute nur noch die nackte Erpressung: Wer sich nicht anpasst, geht unter.
Im Alltag wird das besonders sichtbar an der verstärkten Konkurrenz um prekäre, meist schlecht bezahlte Jobs und in der Sozialpolitik. Von dem Versprechen sich in der Arbeit zu verwirklichen, mit dem uns die Flexibilisierung einst verkauft wurde, ist nur der Burnout geblieben. Zugleich begreift die hegemoniale Sozialpolitik das Scheitern in dieser Konkurrenz nicht als gesellschaftliches Problem. Qua Gesetz bürdet sie die Verantwortung dafür den Individuen auf. Die Krise mag dem Kapitalismus ein Legitimationsdefizit beschert haben. Doch mit dem Verebben oppositioneller sozialer Bewegungen muss sie – auch aus linksradikaler Perspektive – vorläufig als beendet angesehen werden. Auch deshalb, weil sie – als überwundene Krise – vielfach weiterhin das Schreckgespenst darstellt, mit dem Sozialabbau und Verschärfungen des Austeritätsregimes gerechtfertigt werden.
Was bleibt? Wie weiter? Welche Ressourcen – nicht nur materieller sondern auch intellektueller und emotionaler Natur – müssen die Individuen mobilisieren, um in diesen Verhältnissen weiter mitzumachen? An welche Grenzen stoßen sie dabei?
Diese Fragen wollen wir in Vorbereitung der Proteste gegen den EU-Kongress zur Förderung der Jugendbeschäftigung am 11. Juli in Turin diskutieren, und zwar mit Kristin Carls (Hamburg) anhand von Erfahrungen des Umgangs mit prekären Arbeitsverhältnissen in Italien, und mit Tine Haubner (Jena), die sich mit der subjektiven Verarbeitung des Jobcenterregimes beschäftigt. Ein Vertreter des San-Precario-Netzwerks gibt im Anschluss einen kurzen Überblick über die anstehenden Arbeitsmarktreformen in Italien und den Protest dagegen.