PM: Zwischenbilanz: Frankfurter Kessel steht für Knüppeldemokratie in der Krise

We choose communism im KesselStundenlanger brutaler Polizeieinsatz gegen entschlossene und solidarische Demonstration

  • Zwischenbilanz: Frankfurter Kessel steht für Knüppeldemokratie in der Krise
  • Klarstellung zu M31 nach angedrohter Selbstjustiz durch Polizisten

Nach der Zerschlagung der Blockupy-Demonstration am 1. Juni in Frankfurt am Main berichten sämtli­che Medien übereinstimmend von einem unprovozierten, brutalen und damit selbstverständlich unver­hältnismäßigen Polizeiangriff. Parlamentarische BeobachterInnen, SanitäterInnen und JournalistInnen wurden im und am eingekesselten antikapitalistischen Block Zeugen stundenlanger exzessiver Poli­zeigewalt, und haben dies in zahlreichen Berichten dokumentiert. Videoaufzeichnungen und Zeugen­aussagen belegen einen vorab taktisch festgelegten Zugriff hunderter bereitstehender Polizisten in Kampfmontur. Sämtliche Vermittlungsangebote der Demonstrationsleitung bis hin zum Abbruch der Demonstration zugunsten einer gemeinsamen Abschlusskundgebung wurden durch die Einsatzlei­tung der Polizei ausgeschlagen. Zahlreiche Indizien sprechen für eine direkte Steuerung des Szenari­os durch den hessischen Innenminister Boris Rhein (CDU). Dazu umsGanze!-Sprecher Martin Som­mer:

„Bereits jetzt steht fest, dass Behörden und Politik planvoll die wichtigsten Grundrechte außer Kraft gesetzt haben: Das Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf freie Meinungsäußerung. Ein größe­rer Skandal ist kaum denkbar. Was wir bei Blockupy erlebt haben, ist politisch brandgefährlich. Der Frankfurter Kessel steht für eine zunehmend autoritäre Krisenpolitik. Dafür braucht es gar keine finste­re Diktatur. Es genügt eine autoritäre Flachzange als Innenminister, und eine Öffentlichkeit, die für den Standort Deutschland zu jedem Opfer bereit ist. FDP und GRÜNE, die sich ja als Bürgerrechts­parteien ausgeben, sichern dieser Politik die Mehrheiten. Die SPD taucht ab. Politik und Institutionen sind völlig auf kapitalistische Konkurrenz geeicht. Sie können nichts anderes und strafen alle ab, die eine solidarische Gesellschaft durchsetzen wollen. Jetzt gibt es zwei Mög­lichkeiten. Entweder wir schaffen es, soziale Proteste zu verbinden und antikapitalistisch zuzuspitzen. Oder wir landen in einer Knüppeldemokratie, in der alles erlaubt ist, so lange es nur der Wettbewerbsfähigkeit dient.“

Systematische Polizeigewalt

Die zahllosen Fälle exzessiver, oft mit zynischen und sadistischen Sprüchen verbundener Polizeige­walt werden derzeit breit in den Medien diskutiert. Emanzipatorische Gruppen sind mit dieser Polizei­gewalt seit langem konfrontiert. Beobachtungen am Frankfurter Kessel bestätigen das Bild eines Poli­zeiapparates, der sehenden Auges Gesetze verletzt und Freiheitsrechte suspendiert. Dazu Martin Sommer:

„Die Öffentlichkeit hat während der Blockupy-Demo bemerkt, was wir schon lange wissen: Die deut­sche Polizei nutzt jede Gelegenheit, uns zu kriminalisieren. Noch dem kleinsten Naziaufmarsch wird der Weg freigeprügelt, aber soziale Proteste werden auseinander geknüppelt. Die Polizei handelt fak­tisch in einem rechtsfreien Raum. Dienstvergehen werden kaum verfolgt und so gut wie nie geahndet. Das größte Problem sind nicht die Nazis und Rassisten in den Einsatzhundertschaften. Das größte Pro­blem sind die durchschnittlichen Prügeltrupps, die sehr wohl wissen, dass eine solidarische Gesell­schaft keine Verwendung für sie hat.“

„M31“-Legenden als „Rechtfertigung“ für Grundrechtsverletzungen und Selbstjustiz

Ein eklatantes Beispiel für die Paranoia der Polizeiapparate gegen linken Protest dokumentiert die Frankfurter Rundschau in ihrer Ausgabe vom 2. Juni. (http://bit.ly/11khR5S) Sie berichtet dort von ei­nem Polizeibeamten, der einen Demonstranten mit den Worten bedroht: „Wenn Sie mich angreifen, erschieße ich Sie. Eine Kugel zwischen die Augen, und gut is‘.“ Als Grund verweist der Beamte auf einen angeblichen Vorfall „bei der M31-Demo“ 2012. Dort habe man einen Kollegen „so zusammenge­schlagen, dass er drei Tage im Koma lag“. Auch bei zahlreichen anderen Polizeiübergriffen haben Be­amte auf „M31“ verwiesen, so bei der rechtswidrigen Vorkontrolle der anreisenden Busse aus Ber­lin. Als Mitorganisatoren der M31-Demonstration sehen wir uns aufgrund der angedrohten Selbstjustiz durch den Polizeibeamten und der Gefahr einer weiteren Eskalation und Kriminalisierung zu folgender Klarstel­lung veranlasst:

  • Weder während noch nach der M31-Demonstration wurde ein Polizist auf die dargestellte Weise ver­letzt. Dass ein Polizist ins Koma gefallen sei und mit dem Tod ringe, war eine von der Polizei bewusst verbreitete Falschmeldung, die unmittelbar nach der M31-Demonstration von zahlreichen Medien auf­gegriffen wurde, später aber u.a. im hessischen Landtag widerlegt wurde.
  • Nach einem Bericht von Demonstrationssanitätern wurde ein Beamter abseits der Demonstrations­route durch Pfefferspray und Tritte verletzt. Er wurde von den Demonstrationssanitätern erstversorgt und ist dann selbständig zu Fuß zu seiner Einheit zurückgekehrt. Lediglich zur Beobachtung wurde er anschließend für 24 Stunden in ein Krankenhaus eingeliefert. Dies ist bei Verletzungen am Auge durch Pfefferspray eine Routinemaßnahme – wenn man in den Genuss einer umfassenden Behand­lung kommt. Im Frankfurter Kessel wurde hunderten durch Pfefferspray-Einsatz der Polizei verletzten Demons­trantInnen jede Behandlung verweigert.

Dazu Martin Sommer:

„Innenminister und Polizeiführung arbeiten gezielt mit Falschmeldungen und Legenden, um die eigene Truppe aufzuputschen und uns zu kriminalisieren. Und viele Medien verbrei­ten solche Horrormärchen immer noch unkritisch. Die angedrohte Selbstjustiz durch Polizisten zeigt, welche gefährlichen Folgen solch eine Legendenbildung haben kann. Sie zeigt aber auch, dass die Polizei mit ihrem Jägerlatein am Ende ist.“

Mit freundlichen Grüßen,

Martin Sommer

…umsGanze! – antikapitalistisches Bündnis
Pressekontakt 0163-2705895

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