Nachdem die Bündnisgruppe TOP-Berlin schon vor einigen Wochen in einem Beitrag zur aktuellen Occupy-Bewegung klarstellte, das mitnichten „gierige Manager“ oder „Spekulanten“ die Ursache allen Übels in der derzeitigen Finanzmarktkrise sind, sondern der Kapitalismus als hintergründiges gesellschaftliches System der Grund ist, folgte heute nun die Basisgruppe Antifaschismus aus Bremen mit einem weiteren Beitrag zur Occupy Bewegung und deren Ableger in Bremen. Denn Ausbeutung, Elend, der Kampf eines jeden gegen jeden und Konkurrenz der einzelnen Staaten gegeneinander sind Resultate des Kapitalismus. Der Betrag endet richtigerweise mit der einzig sinnvollen Konsequenz : Kapitalismus abschaffen – für die soziale Revolution! …
zum Artikel der BA Bremen:
Antikapitalismus statt „echter Demokratie“!
Occupy Bremen erscheint als Teil einer globalen Bewegung. Angestoßen von Occupy Wall Street gehen in vielen Großstädten die Menschen weltweit auf die Straßen um sich zu „empören“. Zu empören über ein Wirtschaftssystem, dass nicht der Mehrheit der Betroffenen zu Gunsten zu kommen scheint, sondern nur einigen wenigen. Zu empören über eine Regierung, die zulässt, dass die „Superreichen“ superreich bleiben und viele andere arm. Angegriffen werden „gierige Banker“ und „Spekulanten“, „Monopole“, die den Rest der Welt an der Nase herum führen sollen und so Ungerechtigkeit und Ohnmacht verursachen würden. Was stattdessen gefordert wird ist eine „ethische Revolution“: Die jetzige Gesellschaft soll verändert werden. Die „Maschinerie“, die nur einzelnen diene, abgeschafft und dafür ein neues Wirtschaftssystem, welches das Geld wieder „unter“ den Menschen stelle und in „seinen Diensten“ arbeite, geschaffen werden. Eine Gesellschaft, in der das Wohl und das Glück der Menschen Priorität haben soll, in der diese Menschen gleich und frei sein sollen und friedlich leben können. Aus der Herrschaft einzelner soll so „echte Demokratie“ werden. Doch eine Kritik die lediglich die Auswüchse des Kapitalismus angreift zeigt nicht nur, dass seine Funktionsweise nicht verstanden wurde, sie wird ihm auch nie erfolgreich entgegenwirken können.
Mittendrin statt nur dabei.
Ausbeutung, Elend, der Kampf eines jeden gegen jeden und Konkurrenz der einzelnen Staaten gegeneinander sind Resultate des Kapitalismus. Sowie die meisten von uns gezwungen sind ihre Arbeitskraft auf dem Markt zu verkaufen um gegen Lohn ausgebeutet zu werden, um Arbeitsplätze zu kämpfen und sich folglich gegen die Konkurrenz durchzusetzen, so sind es genauso Unternehmen etc., die eben auch dem Konkurrenzzwang unterliegen. Hier von bösartiger „Gier“ zu sprechen ist falsch, da es notwendiger Ausdruck der gesellschaftlicher Verhältnisse ist. Niedriglöhne und Hartz IV als Beispiel sind nicht die Folge einer besonders egoistischen Absicht unter denen die Mehrheit leidet, sondern Resultate dieser gesellschaftlichen Verhältnisse und des sie gewährleistenden Staates. Denn was als soziale Marktwirtschaft allgemein bekannt ist, ist in Wirklichkeit ein mörderischer Wettbewerb indem für den Verlierenden nichts als der soziale Abstieg und Armut bleibt.
Staat und Weltmarkt.
Als Bürger_innen eines Staates fordern die Teilnehmer_innen der Occupy Bewegung diesen auf, den ungezügelten Kapitalismus zu bändigen. Die besonders Profitorientierten sollen daran gehindert werden, sich so vehement auf Kosten „der Allgemeinheit“ zu bereichern.Dass der Staat ein Gesamtkapitalist ist und in Konkurrenz zu anderen Staaten steht, folglich also auch er an (nationalen) Reichtumswachstum interessiert ist, wird dabei ausgeblendet.
Er lebt von den Steuern seiner Staatsbürger_innen, diese ergeben sich aus dem Einkommen und damit der Ausbeutung. Er ist also auf diese angewiesen, sichert und ordnet sie deshalb durch seine Gesetze. Eine Forderung nach „echter Demokratie“, nach „wirklicher Gleichheit“ greift deshalb immer zu kurz solange sie nicht auch die Herrschaft des bürgerlichen Staates angreift und die Bedingungen unter denen sie hergestellt werden soll, die der kapitalistischen Konkurrenz.
Die Möglichkeit der demokratischen Mitbestimmung über die konkrete Ausgestaltung des eigenen Elends macht es auch nicht besser. Der Mensch bzw. die Arbeitskraft sind im Kapitalismus immer nur Mittel zum Zweck, jedes geäußerte Bedürfnis und jede Forderung müssen erst unter großen Anstrengungen erkämpft werden, sofern sie nicht der Vermehrung des Kapitals dienen. Das Allgemeinwohl kann folglich auch nur das nationale Wachstum umfassen und nichts was dem Kapitalismus gegenübersteht.
Es muss ums Ganze gehen!
Der Kapitalismus als gesellschaftliches Verhältnis bestimmt nicht nur die Wirtschaft, sondern die ganze Gesellschaft. Kritik die sich an Auswüchse oder nur an einige Bereiche dieser richtet, Kritik die eine „Verbesserung“ des falschen Ganzen fordert, ist keine Kapitalismuskritik, sie entlädt die Wut über die Erscheinungen dieser Gesellschaftsform in naiven Forderungen. Naiv, weil “Gerechtigkeit” und ein Ende des „Profitstrebens“ in einer weiterhin bestehenden kapitalistischen Gesellschaft nicht einlösbar sind. Wer die „Kapitalhaie“ zur Rechenschaft auffordert hat nicht verstanden, dass eine solche Abrechnung mit den „Gierigen“ niemanden von Konkurrenzzwang und Verwertungslogik befreit. Kapitalistische Ausbeutung und Elend werden solange bestehen bleiben, wie auch der Kapitalismus besteht, der all jenes verursacht. Wer dem ein Ende setzen will muss die Ursachen des eigenen Leids, Kapitalismus und bürgerlicher Staat angehen. Es gilt diese zu erkennen und zu benennen, sich zusammenzutun und andere zu überzeugen dies auch zu tun. Erfolgreicher Widerstand setzt nicht nur eine zutreffende Analyse und Kritik voraus, anschließend muss er auch organisiert und praktisch gewendet werden: Kapitalismus abschaffen – für die soziale Revolution!
Artikel der TOP B3rlin:
Occupy Wall Street und die weltweiten Demos am 15. Oktober 2011 haben einen Nerv getroffen. Im fünften Jahr der Krise sehen viele eine globale Bewegung entstehen, die endlich Grundsätzliches ändern will und auch kann. Die meisten Beteiligten verstehen sich als kapitalismuskritisch, viele als antikapitalistisch. Auf Vollversammlungen und Protestcamps oder im Internet geht es gegen eine Politik, die irgendwie doch nur der Wirtschaft und den Finanzmärkten zu dienen scheint, auf Kosten der kleinen Leute. Gefordert wird “Real democracy” statt “corpocracy”, denn “We are the 99%!”
Regierungen und Medien haben die Sprengkraft dieser Bewegung schnell gewittert, und signalisieren auf allen Kanälen Verständnis. Im Kapitalismus liege nun wirklich vieles im Argen, und man suche bereits nach Lösungen. Ob die Occupy-Bewegung diese tödliche Umarmung abschütteln kann, ist alles andere als sicher. Denn in ihrer Breite hat sie keine klare Analyse, was an der kapitalistischen Gesellschaft verkehrt ist. Entsprechend kurzsichtig sind viele Reformvorschläge. Problematisch ist schon die Vorstellung, Politik und Gesellschaft würden durch eine winzige Minderheit “gieriger Banker”, “Spekulanten” und “Superreicher” an der Nase herum geführt. Wo konkrete Forderungen diskutiert werden, geht es meist oberflächlich gegen “Korruption”, “Lobbyismus” und “Monopole”. Hedgefonds sollen schärfer reguliert, Spekulation durch eine weltweite Finanztransaktionssteuer eingedämmt werden. In Deutschland setzen viele auf eine “echte ökologisch-soziale Marktwirtschaft”. Aus dem Blick gerät dabei, dass die kapitalistische Gesellschaft schon in ihren grundlegenden Formen systematisch Ausbeutung und Ohnmacht produziert: Durch das Privateigentum, das alle Menschen zu Konkurrent*innen macht, und sie von einer Krise in die nächste treibt; durch das Lohnsystem, das fast alle zwingt, die eigene Arbeitskraft für Profitinteressen zu verkaufen; durch den Staat, der alle Lebensbereiche auf optimale Verwertbarkeit hin ordnet, von der Wiege bis zur Bahre.
Dennoch, kein Grund die Occupy-Bewegung vorschnell abzuschreiben. Weltweit sind eine Menge Leute nicht länger bereit, ihre eigene bedrängte Lage als unabänderliches Schicksal hinzunehmen, und beginnen sich basisdemokratisch zu organisieren. Und anders als frühere Krisenproteste, haben diese bislang keine nationalistische Schlagseite. Die radikale Linke sollte fleißig gegen verkürzte Kapitalismuskritik arbeiten, statt ihr naserümpfend das Feld zu überlassen, oder populistisch mit zu schwimmen. Eine erste sehr brauchbare Intervention kommt von Avanti: Echte Demokratie, das geht in der Tat nur ohne Kapitalismus.