Am 14. November treten Spanien, Portugal, Zypern und Malta in den Massenstreik, Griechenland und Italien folgen. Die länderübergreifende Aktion in Südeuropa versucht, eine Schwäche der bisherigen Kämpfe zu überwinden: ihre Trennung voneinander. Wir freuen uns, dass die Bewegungen, die Vielzahl der Einzelnen, die Deklassierten und Empörten im Süden Europas jetzt einen Schritt weiter gehen wollen. Auch wenn wir dazu noch nicht viel einbringen: Wir erklären unsere Solidarität mit dem ersten länderübergreifenden Generalstreik Europas! Gemeinsam gegen Troika und EZB, gegen das chauvinistische Krisenkommando der EU und seine deutschen Auftraggeber und Nutznießer! Gegen das reaktionäre Phantasma der nationalen Sonderwege und die rassistische Verzerrung des Gemeinsamen!
Seit diesem Sommer gilt: Reist deutsches Staatspersonal in südeuropäische Hauptstädte, ist das eine Fahrt in den Ausnahmezustand. In Athen mussten ganze Stadtviertel und Straßenzüge paramilitärisch besetzt werden. Empörung und Verachtung der Leute sind so militant, dass zum „sicheren Geleit“ jeder direkte Kontakt verhindert werden muss.
Die Städte in Deutschland dagegen sind für die Entourage des Kapitals im Moment noch sichere Etappe, von kürzeren Unterbrechungen abgesehen. Im Frühjahr 2012 kündigten der europäische Aktionstag M31 und Blockupy Frankfurt wenigstens lokal und zeitweise den inneren Frieden auf, lösten beim Sicherheitsregime Hysterie aus. Vier Tage war die Stadt der EZB durch die Robocops der Staatsmacht besetzt – ein kleiner, ein erster Hauch griechischer Verhältnisse am Main. Auch deshalb freuen wir uns über die Novemberstreiks!
Für die radikale Linke in Deutschland muss das heißen, die Berechenbarkeit des staatstragenden Krisenpalavers immer wieder zu durchkreuzen und auch hier europäische Krisenproteste zu ermöglichen. Kein kleines Ziel. Dazu müssen wir uns darauf einlassen, die eigene Initiative mit der Initiative vieler anderer zu verbinden; solche Gemeinsamkeit im Unterschied erst schafft Bewegung, die Mut macht und Perspektiven eröffnet.
Mit vielen anderen radikalen Linken haben das …ums Ganze! -Bündnis und die Interventionistische Linke zum Gelingen der Frankfurter März- und Maifestspiele das Ihre beigetragen. Die offenbaren Grenzen beider Mobilisierungen waren auch unsere Grenzen. Wenn das nicht gereicht hat, um jetzt auch hier in den Streik zu treten, liegt das allerdings nur zum geringeren Teil an uns. Wenn es der Bewegung nicht gelingt, den gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Standortkorporatismus aufzubrechen, wird Solidarität mit den Kämpfen in Südeuropa hier über die Unruhe im Hinterland nicht hinauskommen.
Versuchen also auch wir, einen Schritt weiterzugehen. Solidarität mit den Hunderttausenden in Athen, Madrid, Lissabon und Rom heißt, wie sie zu versuchen, den Streik in die Metropolen zu tragen: den Widerstand gegen die Ausbeutung in der Arbeit mit dem Widerstand gegen die kapitalistische Verwertung des öffentlichen Raums zu verbinden, den Wahnsinn dieses Alltags zu unterbrechen. Die Bewegungen im Süden haben gelernt, wir lernen auch, vor Ort und in der transnationalen Verbindung der Kämpfe. Interveniert, denn es geht ums Ganze.
Wir werden selbst tun, was zu tun wir auch anderen vorschlagen: Grenzüberscheitende Solidarität in antikapitalistischer Praxis. Die Versammlungen in Thessaloniki und Madrid waren ein Auftakt, weitere werden folgen. Machen wir dem Europa des Kapitals die Räume dicht, durchbrechen wir seinen Notstand wie seinen Normalvollzug. Mit dem Massenstreik des 14. und 16. November öffnet sich ein Horizont, in dem es sich zu kämpfen lohnen wird. Ob in Frankfurt 2014 die neue EZB eröffnet wird, ist für uns noch lange nicht ausgemacht.
…ums Ganze! – kommunistisches Bündnis und Interventionistische Linke [iL], November 2012.
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